Arbeitshilfe Sonderabschreibung Finanzverwaltung

Arbeitshilfe Sonderabschreibung Finanzverwaltung

Wer sich der Sonderabschreibung bedienen möchte, muss anders als bei der degressiven AfA mehrere Voraussetzungen erfüllen. Um Ihnen einen besseren Überblick über die Voraussetzungen und Ermittlungen verschiedener Kosten zu verschaffen, werden im folgendem diese hier aufgelistet dargestellt.

Voraussetzungen

(§ 7b Abs. 1, 2 und 5 EstG)

  • Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen 
  • Neue Wohnungen können durch Neuanschaffung/Herstellung oder Umbau/Funktionsänderung bestehender Gebäudeflächen entstehen 
  • Der Auf- oder Umbau von bestehenden Gebäudeflächen ist begünstigt, wenn hierdurch neue Wohnungen entstehen, die für sich genommen die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 BewG erfüllen 
  • Im Falle der Anschaffung ist eine Wohnung neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird, § 7b Abs. 1 Satz 2 EStG 
  • Die Wohnungen müssen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, der sich auf Grund vertraglicher Verpflichtung entsprechend dem EU-Amtshilfegesetz verpflichtet hat, belegen sein 
  • Der Bauantrag oder die Bauanzeige für die neue Wohnung muss nach dem 31. August 2018 und vor dem 01. Januar 2022 oder nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 01. Oktober 2029 gestellt worden sein (Eingangsdatum bei Behörde maßgebend) 
  • Bei Bauanträgen, die nach dem 31. Dezember 2022 und vor dem 01. Oktober 2029 gestellt werden, ist zusätzliche Voraussetzung, dass die neuen Wohnungen in einem Gebäude liegen, das die Kriterien eines „Effizienzhauses 40“ mit Nachhaltigkeits-Klasse erfüllt und dass dies durch Qualitätssiegel nachgewiesen wird 
  • Wenn für die Errichtung von Mietwohnungen kein Bauantrag und keine Bauanzeige erforderlich ist, muss der Beginn der Bauausführung zwischen dem 31. August 2018 und dem 01. Januar 2022 bzw. zwischen 01. Januar 2023 und dem 30. September 2029 liegen, vgl. BMF-Schreiben vom 21.09.2021 
  • Die AK/HK dürfen 3.000 € je m2 (für Bauanträge zwischen 31. August 2018 und 01. Januar 2022) bzw. 5.200 € je m2 (für Bauanträge zwischen dem 31. Dezember 2022 und vor dem 01. Oktober 2029) nicht übersteigen (sog. Baukostenquotient) 
  • Die Wohnungen müssen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden 9 Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen 
  • Die Sonderabschreibung wird nur insoweit gewährt, wie die Voraussetzungen der De-Minimis-Verordnung eingehalten werden, § 7b Abs. 5 EStG 

Ermittlung der Anschaffungskosten

(§ 255 Abs. 1 HGB; BMF a.a.o., Rz. 40)

  • Maßgebend sind die Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB (Kaufpreis zzgl. Anschaffungsnebenkosten und abzüglich Minderungen); dementsprechend sind auch die Nebenkosten für den Grundstückserwerb (Notargebühren, Gerichtskosten, Grunderwerbsteuer usw.) miteinzubeziehen 
  • Die Anschaffungskosten sind nach dem Verhältnis der Verkehrswerte auf Grundstück und Bebauung aufzuteilen 

Ermittlung der Herstellungskosten

(§ 255 Abs. 2 HGB; BMF a.a.o., Rz. 43)

  • Im Falle der Herstellung setzen sich die Herstellungskosten aus dem Herstellungsaufwand der Bebauung zusammen; die Anschaffungsnebenkosten für den Grundstückserwerb bleiben außer Ansatz 
  • Anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nummer 1a EStG sind zu berücksichtigen; hierbei ist besonders darauf zu achten, dass in den 3 Jahren nach Anschaffung des Gebäudes die 15-Prozent-Grenze nicht überschritten wird  
  • Kosten für die Grundstückserschließung sind grundsätzlich nicht miteinzubeziehen, nach Ansicht des BMF wohl aber Anschlusskosten von der Grundstücksgrenze bis zum Gebäude 

Maßgebende Fläche für den Baukostenquotienten

(BMF a.a.o., Rz. 51)

  • Das BMF lässt für die Flächenberechnung zwei Varianten zu: die Berechnung nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) und nach der Bruttogrundfläche (BGF) gemäß DIN 277 (sofern diese anhand der Bauunterlagen nachgewiesen werden kann) 
  • Die Ermittlung der Wohnfläche nach WoFlV wendet das BMF modifiziert an (vgl. BMF-Schreiben vom 07.07.2020, Rz. 51), indem es auch Nebenräume (Bodenräume, Waschküchen, Kellerräume, Trockenräume, Speicherräume, Bade- und Brauseräume, Fahrrad- und Kinderwagenräume usw.), sowie die zur begünstigten Wohnung gehörenden Garagen in den Wohnkostenquotienten einbezieht 
  • Da die BGF nach DIN 277 grundsätzlich noch etwas weiter gefasst ist, dürfte sie in der Praxis für den Steuerpflichtigen regelmäßig noch günstiger sein, da sich die Aufwendungen auf eine größere Fläche verteilen 

Ermittlung des Baukostenquotienten

(BMF a.a.o., Rz. 50)

  • Der Baukostenquotient ermittelt sich, indem alle AK/HK durch die gesamte Fläche, auf die sich diese Kosten beziehen, geteilt werden 
  • Der sich daraus ergebende Baukostenquotient darf 3.000/m2 bzw. 5.200/m2 nicht überschreiten

Aufteilung der AK/HK auf die Wohnungen

(BMF a.a.o., Rz. 56 u. 57)

  • Im Anschluss sind die AK/HK pro m2 für die Ermittlung der Abschreibungsbeträge auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen; hierbei sind die dazugehörigen Nebenräume und Garagen einzubeziehen 
  • Die AK/HK teilen sich entsprechend dem Anteil der Nutzfläche der neuen Mietwohnung an der Gesamtnutzfläche des Gebäudes auf, wenn gemeinschaftlich genutzte Nebenräume vorhanden sind.  
  • Bei gemischt genutzten Gebäuden erfolgt die Aufteilung auf die einzelnen Gebäudeteile nach dem Verhältnis der Nutzflächen (allgemeine ertragsteuerliche Grundsätze); es erfolgt keine individuelle Kostenzuordnung nach Ausstattungsmerkmalen

Rechtsfolge & Ermittlung der AfA-Beträge

(§ 7b Abs. 1 Satz 1 EstG)

  • Im Jahr der Herstellung und den folgenden drei Jahren können jährlich bis zu 5% der Bemessungsgrundlage neben der „regulären“ AfA nach § 7 Abs. 4 EStG in Anspruch genommen werden 
  • Es erfolgt im Hinblick auf die Sonderabschreibung keine zeitanteilige Berechnung bei unterjähriger Anschaffung oder Herstellung; die reguläre AfA ist hingegen zeitanteilig zu berechnen 
  • Da durch die Sonderabschreibung zusätzliche AfA in den ersten vier Jahren verbraucht wird, ist nach Ablauf des Begünstigungszeitraums (nach Ablauf des Jahres der Anschaffung/Herstellung und der drei folgenden Jahre) der Restwert auf die noch verbleibende Restnutzungsdauer gemäß § 7a Abs. 9 EStG zu verteilen; andernfalls würde sich durch die Sonderabschreibung ein kürzerer AfA-Zeitraum ergeben 

Begrenzung der AfA-Beträge auf 2.000 €/m2 bzw. 4.000 €/m²

(§ 7b Abs. 3 EstG; BMF a.a.o., Rz. 63)

  • Die Abschreibung ist auf 2.000 €/m2 (Bauantrag zwischen 31. August 2018 und 01. Januar 2022) bzw. 4.000 €/m2 (Bauantrag zwischen 01. Januar 2023 und 30. September 2029) begrenzt 
  • Übersteigt der Baukostenquotient den Betrag von 2.000 €/m2 bzw. 4.000 €/m2, beträgt die AfA-BMG 2.000 € bzw. 4.000 € x Nutzfläche der begünstigten Wohnung 
  • Unterschreitet der Baukostenquotient den Betrag von 2.000 €/m² bzw. 4.000 €/m2, sind die tatsächlichen Kosten je m2 als AfA-BMG zugrunde zu legen 

Maßgebender Zeitpunkt

(§ 7b Abs. 1 Satz 1 EstG)

  • Die Abschreibung beginnt im Zeitpunkt der Anschaffung/Herstellung der Wohnung 
  • Für die Bestimmung dieses Zeitpunkts sind die allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätze des § 11c EStDV anzuwenden

Folgen der Veräußerung

(§§ 7b Abs. 4, 23 EstG)

  • Werden die Wohnungen im Jahr der Anschaffung und den folgenden neun Jahren veräußert oder dienen sie nicht der entgeltlichen Überlassung von Wohnräumen, sind die in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen rückgängig zu machen, § 7b Abs. 4 Satz 1 Nummer 1 und 2 EStG 
  • Für diese Rückgängigmachung sehen § 7b Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG eine eigene Korrekturvorschrift und Anlaufhemmung vor; der spätere Beginn der Verzinsung nach § 233a Abs. 2a AO gilt in diesem Falle nicht, sodass ein Zinsschaden zu befürchten wäre 
  • Das Gleiche gilt, wenn der Baukostenquotient innerhalb der ersten drei Jahre nach Ablauf des Jahres der Anschaffung oder Herstellung durch nachträgliche AK/HK überschritten werden, § 7b Abs. 4 Satz 1 Nummer 3 EStG 
  • Die 10-Jahres-Fristen der § 7b Abs. 4 EStG und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG entsprechen sich nicht; im Falle einer Veräußerungsabsicht sollte unbedingt geprüft werden, dass beide 10-Jahres-Fristen überschritten sind; dadurch könnte dann ein absoluter steuerlicher Vorteil erlangt werden, da die erhöhten Abschreibungsbeträge sich nicht mehr erhöhend auf den Veräußerungsgewinn der Immobilie auswirken würden 

Rechtsstand: März 2024 
Version 2024.0

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